"The hardest thing to do is something that is close…
Alle Warnungen verhallten ungehört: Von Übermut gezeichnet, flog Ikarus der Sonne zu nahe. Das Unvermeidliche musste eintreten: Das Wachs, das seine Flügel zusammenhielt, begann zu schmelzen. Ikarus stürzte ins Meer ab. Eine moderne Version des Ikarus-Mythos ist auf Tuas (38) neuem Mixtape „F60.8“ zu hören, das knapp ein Jahr nach seinem vierten Studioalbum „EDEN“ erscheint, mit dem er eine neue Ära in seinem künstlerischen Schaffen einläutete: Graustufen adé, Farbe ist seitdem angesagt, visuell wie musikalisch. Gänzlich auf melancholische Inhalt wird nicht verzeichnet, die Grundausrichtung hat sich aber geändert.
Tua beschreitet neue Wege
Neue Wege beschreitet Tua auch auf „F60.8“: Auf dem Mixtape, dessen Titel eine Anspielung auf den Diagnoseschlüssel der Weltgesundheitsorganisation für „sonstige spezifische Persönlichkeitsstörungen“, zu denen auch die narzisstische Persönlichkeitsstörung gehört, ist, schlüpft Tua in die Rolle einer fiktiven Figur. Er spielt einen Narzissten auf Ibiza, der wie einst Ikarus hoch aufsteigt und tief fällt. Auch wenn hier und da eigene Erfahrungen in die Texte eingeflossen sind, erzählt er in der Gesamtheit auf „F60.8“ keine autobiografische Geschichte.

Musikalisch greift Tua auf LoFi-House, Balearen-Pop und Jungle zurück, um seine Erzählung in Szene zu setzen. Diese musikalische Mischung wird angereichert durch Schnipsel des fiktiven Radio-Senders Ego FM Ibiza.
Euphorischen Songs wie „Dopamine Spike“ und „GluiV“, die das Hochgefühl absoluter Enthemmung symbolisieren, stehen die Songs „Amnesia“ und „Kaputt“ gegenüber. Während das schroff-düstere „Amnesia“ von einer Kokain induzierten Schlägerei mit einem Briten im Declan-Rice-Trikot handelt und an das Video zu „Blinded By The Lights“ von The Streets erinnert, heißt es in der Hook des anschließenden poppigen Closers „Kaputt“: „Was ich berühr‘, das geht kaputt/Ganzes Leben zerleg‘ ich zu Schutt“. Während bei den Songs „Für mich“ und „Rette mich nicht“ der Narzissmus-Detektor gewaltige Ausschläge verzeichnet, geht es etwa bei „Dachterrasse“ in alter Tua-Manier melancholisch zur Sache. Er bleibt der unangefochtene König der Melancholie.
Fazit
Auf knackigen 28 Minuten gibt Tua einen Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt eines Narzissten. „F60.8“ ist musikalisch so frisch, wie es die Farbe des Covers verspricht, und auch inhaltlich bemüht sich Tua wieder um Tiefgang, ohne dabei allzu verkopft zu wirken. Weil das alles funktioniert, ist „F60.8“ ein willkommener Zwischenschritt zu Tuas nächsten Album-Projekten.

Am 17. Februar 2025 gastiert Tua im Wiener Flex Café.
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