"The hardest thing to do is something that is close…
Das Thema des Gegensatzes zwischen Stadt und Land hat in den vergangenen Monaten wieder an neuer Popularität gewonnen. Dabei geht es um jenen Graben, der zwischen den progressiv-liberalen Modernisierungsgewinnern in den urbanen Zentren und den traditionell-konservativen Modernisierungsverlieren in der Peripherie verläuft. In den USA wird in diesem Zusammenhang gerne von „Flyover States“ gesprochen – also von jenen Bundesstaaten, in denen Dörfer mit mehr Kirchen als Menschen stehen und deren Population nicht zuletzt dafür sorgte, dass Donald Trump US-Präsident werden konnte. Ein Phänomen, das in Europa mit gleicher Konsequenz vorgefunden werden kann. Beispielsweise in Frankreich („Rückkehr nach Reims“ von Didier Eribon bietet sich als Lektüretipp an) oder in Deutschland, wo nach überraschenden Wahlergebnissen stets dieselben Fragen gestellt werden: Was geht auf dem Land ab? Warum werden dort gerne Parteien mit fragwürdigen Ideologien gewählt? Und warum macht „Zonen-Ronny“ das?
Natürlich schwingt im ganzen Diskurs eine gewisse Arroganz mit. Wird bei den Analysen in den Hauptstadtstudios der Fernsehanstalten vornehmlich über die Leute vom Land gesprochen, aber nicht mit ihnen. Zugezogen Maskulin können davon ein Lied singen. Eigentlich nehmen sie das Thema sogar als Anlass für mehrere großartige Lieder auf ihrem großartigen Album „Alle gegen alle“. „Der müde Tod“, produziert von Kenji451, handelt jedoch nicht primär von diesem Gegensatz, sondern dreht sich thematisch um den Tod. Der ist zwar in unserer „How Much Is the Fish?“-Spaßgesellschaft kein populäres Gesprächsthema, aber die harte Wahrheit ist nun einmal: Auch wenn du das ganze Wochenende im Berghain verbringst und dich wie der König der Welt fühlst – irgendwann bist du alt, uncool und dann tot. Hart, oder? Inspiriert wurde der Song von einem Todesfall in der Familie grims, wie er im Interview mit laut.de erzählt: „Das war der direkte Anlass und hat auch in die deprimierte Grundstimmung reingepasst. Der Song hat aber mehrere Ebenen – Themen wie der Tod, Sterben oder Kranksein, die innerhalb von einer Verwertungsgesellschaft nicht stattfinden können, weil sie irgendwie unangenehm sind.“
Für das Video hieß schließlich das Motto, frei nach Eribon: „Rückkehr nach Stralsund“. Eine Gegend, die in „Der müde Tod“ in kühlen Blautönen einen deprimierenden Eindruck hinterlässt. Keine AMGs im Video. Keine Champagnerorgien mit YouTube-„Stars“. Dafür aber Windräder, einsame Deutschlandfahnen, die im Wind wehen, und Autobahnen. Eine Landschaft, die an das Setting von Ulrich Seidls „Hundstage“ erinnert. Oder an die Fotografien von Pietro Donzelli. Melancholische Bilder zu einem melancholischen Song, sehr passend. Als Outro des Songs dient übrigens ein Gespräch zwischen grim104 und Testo über die Beziehung zwischen Stadt und Land. Ebenfalls durchaus hörenswert.
Am 03. März gastieren Zugezogen Maskulin in der „Grellen Forelle“.
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