Now Reading
Couscous, Mila Superstar und Narcos // Celo & Abdi Interview

Couscous, Mila Superstar und Narcos // Celo & Abdi Interview

celo&abdi

Die Texte von Celo & Abdi sollten als radikal-avangardistische Literatur gelesen werden, empfahl Moritz von Uslar von der „Zeit“, nachdem er sich „Bonchance“, das neueste Album des Frankfurter Duos, zu Gemüte führte. Und anhand der sprachlichen Vielfalt, die darauf geboten wird, gar nicht mehr aus dem Schwärmen herauskam. Ähnliche Reaktionen waren in der Süddeutschen Zeitungen und in der FAZ zu lesen, was alleine schon als Indiz für den hohen popkulturellen Status von Celo & Abdi gewertet werden kann. Denn vier Jahre nach dem sagenumwobenen „Mietwagentape“ hören längst nicht mehr nur Kids auf dem Schulhof die Frankfurter Hood-Geschichten. Mittlerweile sind Celo & Abdi im Feuilleton angekommen. Über dies Entwicklung haben wir mit den beiden gesprochen – nebenbei erfährt ihr u.a. auch noch, wieso Abdi für Kellner immer ein üppiges Trinkgeld übrig hat und Celo Ashton Kutcher gerne in „Fight Club 2“ sehen würde.

Interview: Wanja Bierbaum & Thomas Kiebl
Fotos: Marlene Rosenthal

The Message: Das „Mietwagentape“ ist mittlerweile vier Jahre alt – gute Gelegenheit, ein vorläufiges Fazit zu ziehen. Gibt es Dinge, die ihr in eurer Karriere bereut oder würdet ihr alles genauso wieder machen? Celo: Nein, ich bereue nichts von dem, was ich bisher gemacht habe. Ich habe einfach aufgenommen und releast. Es gibt natürlich Lieder, die gefallen manchen Fans mehr und manchen weniger. Das kann man nicht pauschalisieren. Heute habe ich das Know-how – das ist ein Unterschied. Aber vielleicht würde ich heute nicht mehr so viele Features machen. Davon haben wir viele gemacht nach der „Mietwagen“-Zeit. Das hat uns sehr viel Zeit gekostet. Wir haben ein Album „verfeaturet“, Minimum.

Gehen wir noch einen Schritt weiter in die Vergangenheit. Abdi, du warst einmal in der Gastronomie tätig. Welche marokkanischen Gerichte kannst du empfehlen? Abdi: Lammspieße und Couscous. Couscous auf jeden Fall, das musst du mal gegessen haben. Aber ich war Kellner, ich habe daher nur Getränke serviert. Damals in der Kommerzbank-Arena im VIP-Bereich. Da hieß es noch Waldstadion und da war ich zwei, drei Jahre im Service tätig.

War das ein stressiger Job? Abdi: Wenn man mit Stress umgehen kann, macht’s Spaß. Die Zeit vergeht schnell, wenn man was zu tun hat, da muss man nicht lange auf den Feierabend warten.

Konntest du da auch Erfahrungen fürs Musikgeschäft sammeln? Abdi: Da waren viele Snobs. Und fürs Musikgeschäft ist es sicher lehrreich, dass man weiß, wie man mit Leuten, die viel Geld haben, umgehen muss.

Gehst du seitdem auch mit Kellnern anders um? Abdi: Ja! Auf jeden Fall. Ich bin auch ein großzügiger Mensch. In meinem Trinkgeld spiegelt sich dann wider, wie die Arbeit des Kellners gewesen ist. Das können durchaus mal zehn Euro sein.

Und Celo, was gibt es an bosnischen Spezialitäten? Celo: Da wir in Österreich sind, müsstest du dich bestens auskennen und damit vertraut sein. Ich grüße alle meine Landsleute, weltweit, natürlich auch in Österreich! Aber zum Thema: Böreks, also Blätterteig, am besten mit Hackfleisch und Kartoffeln. Und Cevapcici natürlich. Aber es gibt auch schöne Eintöpfe, die man empfehlen kann. Man soll sich nicht so sehr auf das Gegrillte fixieren, da gibt es nämlich auch sehr schöne Löffelnahrung, so Eintopf-mäßig. Aber die Marokkaner haben auch sehr schöne Eintöpfe.

Mit Visa Vie habt ihr zusammen gekocht. Kocht ihr auch selbst? Celo: Ich koche schon sehr lange, ich hole mir die ganzen Zutaten und mache selbst was daraus.

Letztens gab es einen Heiratsantrag auf einem eurer Konzerte. Warum, denkt ihr, hat das so gut gepasst? Abdi: Weil wir das Paar gut kennen. Wir haben uns durch Fußball kennengelernt. Er ist in der Fanszene der Eintracht aktiv und seine Frau war da auch dabei. Nachdem die Musiksache groß geworden ist, haben wir uns etwas aus den Augen verloren. Früher gingen wir auch oft gemeinsam ins Freibad, solche Sachen halt. Celo: Ich kenne ihn, weil er aus dem gleichen Viertel wie ich komme. Grüße nach Bornheim!

Welchen eurer Tracks würdet ihr den beiden für die Hochzeitsnacht empfehlen? Abdi: Ich würde jetzt nicht „Multipo Orgasmo“ laufen lassen. Celo: Ich finde „Bonchance“ ist ein guter Track fürs Leben. Abdi: Oder „Über Wasser halten“ – der Remix von Figub. Mit Madame Fleur. Das ist ein sehr schönes Lied. Kann man auch mit der Freundin hören. Nicht wie „An alle Frauen“, obwohl das auch sehr viele Frauen hören. Weil da die Wahrheit ausgesprochen wird. Celo: Es gibt auch sehr viele Leider von uns, die man locker zum Chillen hören kann. „Renaissance“ zum Beispiel. Das kann man locker beim Fahren mit einer S-Klasse-Coupe hören.

Schon mal zu laut eure Songs im Auto gehört und angehalten worden? Abdi: Nein! (lacht) In Marokko bin ich das erste Mal mit dem Wagen gefahren, im Dorf. Auf dem Privatgelände (lacht). Aber es ist sehr gefährlich in Marokko, ich habe dort bei einem Verkehrsunfall vor zwei Jahren Freunde verloren.

Wie reagiert die Polizei auf Verkehrsdelikte in Marokko? Abdi: Das wird richtig dick teuer. Du kommst in den Knast. Du hast zwar die Möglichkeit, dass dich deine Familie rauskaufen kann – aber das wird für die richtig krass teuer. Die müssen alles, was sie haben, auf den Tisch legen. Sonst kommst du lange in den Knast. Und in Marokko in den Knast zu kommen ist wirklich richtig abgefuckt. Ich habe Freunde, die haben das erlebt – und mir erzählt, was dort abgeht. Da sind in einem Raum ganz, ganz viele Leute. Und jede Fläche ist benutzt. Du musst einen Monat warten, damit du einen Platz an der Wand bekommst. Damit du dich beim Schlafen anlehnen kannst. Die meisten müssen im Sitzen pennen. Ganz abgefuckte Scheiße. Und du kommst da schon wegen Kleinigkeiten rein. Wenn du ein Handy klaust, gehst du direkt drei Monate rein. Diese drei Monate ficken dann ein Leben. Du kommst dann mit riesigen Flöhen raus und so Zeug.

Das erinnert an diesen Knast in Brasilien, der als Vorlage für einige Folgen aus „Prison Break“ diente. Abdi: Ja genau, das kenne ich. Am Ende ist das, oder? Da habe ich die Folge leider nicht mehr verfolgt. Aber war eine coole Serie.

Man hat euch beim Mediamarkt gesehen. Was sind denn eure „Alltime Favorites“ an Filmen? Celo: ‚Boys In The Hood‘, natürlich. Abdi: ‚Menace 2 Society‘. Wir erwähnen das auch oft textlich. Und Menace hat richtig krasse Dialoge. Celo: Das ist so der erste krasse Film, den man als Kind gesehen hat. Damals gab’s kein Netflix mit ‚Narcos‘ und ‚Wolf‘, dieser Kickbox-Film. Wobei ich finde, dass bei Narcos alles ein bisschen naiv dargestellt wird. Abdi (rappt): „Nach der ersten Staffel Narcos du Depp, bittest du deine Kunden dich Pablo zu nennen, du Sven.“

Habt ihr ‚Straight Outta Compton‘ schon gesehen? Abdi: Ich bin eingeschlafen. Celo: Wir hatten das Vergnügen, mit unserem Bruder Hafti, der Universal-Artist ist, uns den Film schon früher reinzuziehen. Auf Englisch ist er aber besser. Haft hat uns die Slang-Wörter übersetzt – der kennt sich da gut aus.

Wie wäre es mit einem Film über die Frankfurter Rapszene? Celo: Wär bestimmt ein Baba-Film.

celo&abdi

Oder Xatars Buch würde auch Stoff für einen krassen Film geben oder? Celo: Ja! Alle denken, Xatar wär so ein Barni-Geröllheimer – aber er ist übelst schlau. Musikalischer Typ – mit Grips. Als ich ihn das erste Mal gehört habe, hat er mich aus dem Knast angerufen und sich bedankt, dass wir Ewa unterstützten damals. Aber klar, die haben wir auch gefeiert. Abdi: ‚Matrix‘ ist auch ein geiler Film. (alle lachen) Celo: Aber die Special-Effekts sind nicht mehr so geil. Für damals war es geil, aber heute. Abdi: Noch ein guter Film: ‚Hackers‘.

Mit Angelina Jolie? Abdi: Genau! Celo: Angelina Jolie ist eine gute Frau. Die setzt sich ein für Arme. Abdi: ‚Fight Club‘ ist auch geil!

See Also
(c) Philip Pesic

Ich habe etwas von einem zweiten Teil gelesen. Abdi: Niemals! Celo: Kommt drauf an, welche Schauspieler. Samuel L. Jackson wär geil! Oder Jean Reno in einer Cameo-Rolle. Oder Ashton Kutcher. Bei ‚Butterfly Effect‘ war der richtig krass.

Also bei ‚Two And A Half Man‘ hat er mich nicht umgehauen. Celo: Man darf eben keinen Schauspieler in eine Rolle zwängen. Ich glaube, der kann von heute auf morgen der Imperator von ‚Star Wars‘ sein. Abdi: ‚Better Call Saul‘ find ich geil! Hammer! Celo: Wo wir gerade beim Thema sind, ich freue mich auch sehr auf den ‚Star Wars‘-Film. Ich bin 82er-Jahrgang – das ist schon so meine Generation. Abdi: ‚Chihiros Reise ins Zauberland‘ ist auch ein geiler Film. Oder ‚Ghost In A Shell‘, Digga! Celo: Kennt ihr noch MTV, wo nur Zeichentrick kam? ‚Golden Boy‘ kam da immer.

Sicher! ‚Dragon Ball Z‘! Da kommen sogar bald neue Folgen. Abdi: Ich hab ‚Dragon Ball‘ gegessen, Bruder! Immer wenn er Saiyajin geworden ist, waren alle so ahhhhh! Da war aber auch immer Herz mit dabei – Son-Goku zum Beispiel. Da war immer viel Moral drin versteckt.

Was ist dein Lieblingscharakter? Abdi: Vegeta! Piccolo ist auch cool! ‚Mila Superstar‘ war auch eine geile Serie! Die war immer am Boden und ist wieder aufgestanden.

Siehst du dir, Celo, viele Filme aus Ex-Jugoslawien an? Celo: Ja! Rane (The Wounds, Anm. der Red.). Den hat auch Haft bei seinem Intro benutzt bei „Julius Caesar“. Der Film beschreibt die kriminelle Jugend, was für Werte sie haben und wie die Geld machen und verrückt werden. Ohne Happy End, natürlich.

‚No Man’s Land‘ ist doch ein bosnischer Film, der einen Oscar gewonnen hat. Celo: Das ist ein sehr, sehr guter Film. Von Danis Tanović. Ein serbischer Soldat und ein bosnischer Soldat sind zusammen in einen Schützengraben zwischen den Linien geraten.

Wie stehst du zu politischem Rap in Bezug auf Bosnien? Celo: Das war anders als die Nachkriegszeit in Deutschland – es gibt nicht so viele Standards. Die meisten Jugendlichen in Bosnien sehnen sich nach einem Leben in der westlichen Welt. Dort gibt es einfach wenig Perspektiven.

Habt ihr Fans dort? Celo: Ich hab dort einen Auftritt gehabt. Ein Freund von mir ist bei einem kroatischen Major-Label und hatte einen Auftritt in Sarajevo und dorthin hat er mich eingeladen – hat viel Spaß gemacht, in der eigenen Heimat zu spielen. Mein Vater kommt aus dieser Stadt. Deutscher Rap etabliert sich langsam – aber für die in Bosnien sind wir schon angesehener. Vor allem wenn sie sehen, dass ein Landsmann da mitmischt.

Ihr wart mit „Bonchance“ in der Süddeutschen Zeitung und in der FAZ. Wie war das Gefühl, als der Feuilleton auf euch aufmerksam wurde? Abdi: Hammer! Das war eine große Ehre für uns – meine Mutter war sehr stolz. Das war mal was, wo meine Eltern stolz sein können (lacht). Celo: Besser in der Kultur-Sparte zu sein als in der schwarzen Chronik. Abdi: Besser als in der BILD Zeitung!

Was ist eure Meinung zur BILD? Celo: Wir unterhalten uns lieber mit euch!