"The hardest thing to do is something that is close…
Wenn zwei der gehyptesten Rapper der Gegenwart an einem gemeinsamem Projekt arbeiten, können die Erwartungen der Fans gar nicht groß genug sein. Gigantismus der Marke Carter/West soll es werden, alles andere wäre eine Enttäuschung. Okay, bei „What a Time to Be Alive“ handelt es sich zwar „nur“ um ein Mixtape, an dem Drake und Future gerade mal sechs Tage im Studio gearbeitet haben. Trotzdem kein Grund zum Tiefstapeln, sprechen wir hier doch von Drake, dieser kanadischen Hitmaschine, der nicht mal Ghostwriter-Vorwürfe etwas anhaben können, und Future, dieser eine Rapper mit der schier unüberblickbaren Anzahl an Clubbangern. Ein Traum von einer Kollabo, die eigentlich nur eines verspricht: ein richtiges Spektakel.
Ein Indiz für die große Bedeutung dieses Projekts besteht in der unglaublichen Resonanz auf Twitter. Der Hashtag „#WATTBA“ avancierte tagelang zum „Trending Topic“ auf genannter Social-Media-Plattform – keine schlechte Leistung heutzutage. Über Verkäufe müssen wir erst gar nicht diskutieren, 334.000 digital verkaufte Exemplare in einer Woche in den USA sprechen eine deutliche Sprache. Diese ganzen Rahmenbedingungen sollen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass musikalisch – und darauf kommt es ja an – nicht alles auf „What a Time to Be Alive“ so funkelt wie die Juwelen auf dem Artwork. Denn ein grundlegendes Problem zeigt sich relativ schnell: Die oftmals fehlende Chemie zwischen den beiden Protagonisten. Was in der Theorie nämlich vorzüglich passt, funktioniert in der Praxis nicht immer wie gewünscht. Natürlich wird die kurze Entstehungszeit ihren Teil dazu beigetragen haben, dass Drake oft wie ein Feature- und weniger nach einem Kollabopartner klingt.
Mit anderen Worten: Future hat das Heft in der Hand und manövriert das ganze Projekt in seine Richtung, Drake richtet sich lediglich danach. Aber soll Schlimmeres geben, wenn trotzdem bombastische Tracks wie „Jumpman“, eine nicht schwer zu erkennende Hommage an die Bekleidungslinie Michael Jordans, „Plastic Bag“ oder „Diamonds Dancing“ herauskommen. Von den Genannten bleibt besonders das von Schmerz triefende „Plastic Bag“ in Erinnerung. Aber keine Sorge, „Plastic Bag“ bezieht sich auf Stripperinnen, die damit die Geldscheine aufsammeln – soll schließlich alles seine Ordnung haben. Hinsichtlich der Beats drückt Hauptproduzent Metro Boomin dem Tape ganz klar mit Trapsounds, die weniger nach Hood, sondern mehr nach Calvin-Klein-Laufsteg klingen, seinen Stempel auf. Sehr stylisch und dem Anlass absolut entsprechend.
Abgeschlossen wird „What a Time to Be Alive“ mit zwei Solotracks, wobei hier wenig überraschend Future die Nase vorne hat. Auch wenn Drake den Piano-begleiteten „30 for 30“-Freestyle für ein paar Minuten Realtalk nützt, was ihm, so zeigt die bisherige Erfahrung, eigentlich immer gut steht. Die sonst übliche Tiefe erreicht Drizzy diesmal jedoch nicht, was erneut durch die kurze Entstehungszeit begründet werden kann. Schade.
„What a Time to Be Alive“ ist daher nicht das erwartete Riesenspektakel geworden, sondern ein überdurchschnittliches Mixtape mit herausragenden Produktionen und zwei hungrigen Rappern, deren Potentiale aber bei weitem nicht ausgeschöpft wurden. Dies trifft vor allem auf Drake zu, der nicht mit jeder Line den Punkt trifft (diplomatisch ausgedrückt). Future zeigt sich weiterhin in Topform, er trägt das Tape und sorgt letztlich dafür, dass aus „What a Time to Be Alive“ ein kurzweiliges Stück Musik mit einigen Hits wurde. Ein guter Anfang, Fortsetzung gewünscht.
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