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Plusmacher erntet ab // Review

Plusmacher erntet ab // Review

plusmacher(Kopfticker Records / VÖ: 15.1.16)

Während sich in Deutschrap viele neue Soundrichtungen entwickeln, gibt es ein paar Künstler, die ein permanentes Klangbild abliefern. Darunter befindet sich auch der Plusmacher, seines Zeichens bei Xatars neuem Label Kopfticker Records gesignt, der sich in den letzten Jahren durch eine ziemlich unveränderte, aber dadurch typische Beatauswahl ausgezeichnet hat. Nach „BWL (Bordsteinwirtschaftslehre)“ und „FSW (Freie Schwarzmarktwirtschaft)“ ist der gebürtige Magdeburger kein unerfahrener Künstler mehr, doch stand er auch noch nie wirklich im Scheinwerferlicht der Szene.

Seinem Grundrezept blieb Plusmacher auch bei der Produktion seines dritten Albums treu. Er spielt erneut seine Stärken in Sachen Stimmeinsatz und Flow aus, während ein starker Beat den Rest regelt. Dieses Mal blieb der Kreis der Produzenten, im Vergleich zu den beiden restlichen Alben, relativ ähnlich, dennoch kamen auch ein paar neue Gesichter hinzu – darunter auch der AoN-Produzent Reaf und Brenk Sinatra. Vergebens im Booklet zu suchen ist dagegen Jay Spaten, der den Löwenanteil der Beats von FSW geschmiedet hat.

Im Oktober haben wir uns bereits für ein Interview in Wien getroffen, bei dem der Plusmacher ankündigte, zu 80 Prozent bei seinen alten Produzenten zu bleiben, dennoch fällt auf, dass sich der typische Plusmacher-Sound nicht komplett auf das neue Album übertragen hat. Neben dem klassischen auf Sample basierten Boombap-Beats, findet man nun auch verstärkt Synthie-Beats auf der Scheibe („Ernte“, „KingimKietz“, „Raubkatzen“), die das Klangbild hörbar verändern.

Eine weitere Veränderungen lässt sich außerdem in den Lyrics finden, denn die Anzahl der Themen wurde reduziert. Während früher noch über die Straße, Nutten, Drogen und die Vergangenheit mit ein bisschen Kopf-Hoch-Attitüde gerappt wurde, geht es jetzt nur noch um die Straße, Nutten und Drogen. Eine Verkleinerung der sowieso schon recht kompakt gehaltenen Inhalte, um die Menge an potenziellen Hörern zu erhöhen – ein Opfer, das scheinbar mit dem Label-Eintritt erbracht werden musste. Ein bisschen Diverstität versucht der Plusmacher hingegen mit kleinen Veränderungen in der Delivery zu schaffen. Zwar merkt man das nur marginal, aber dennoch fällt die Erhöhung des „Drucks“ beim Rappen im Vergleich zu den alten Werken auf. Früher klangen die meisten Tracks ziemlich laid-back gerappt, jetzt klingt es an manchen Stellen so, als ob der Plusmacher die Parts im vollen Adrenalin-Rausch und mit verkrampften Gesichtsmuskeln  eingerappt hätte.

„Führhand links, weiß über meine Rechte bescheid – mein Anwalt gut bezahlt, Bewährungsstrafe frei“ (Plusmacher – Schatzmeister)

Featuretechnisch wurde auch auf „Die Ernte“ nicht gespart. Trotzdem ist mit Karate Andi lediglich ein altbekannter Gast vertreten. „Mit Senf“ stellt die logische Fortsetzung von „Bockwurst“ dar und trägt nach zahlreichen Forderungen sicherlich zur Zufriedenheit der Fans bei. Weitere Features sind unter anderem Momo der Afrikaner ausm Block und Niqo Nuevo. Labelboss Xatar und Botanikker sind als obligatorische Freundes- und Labelkollegen-Features mit am Start. Leider geht letzterer auf den beiden Tracks, auf denen er vertreten ist, ein bisschen unter und schaffst es mit den durchschnittlichen Parts nicht, einen Mehrwert zum Song beizutragen.

Neben den bereits angesprochenen Kritikpunkten lassen sich dennoch ein paar Perlen unter den Tracks ausmachen. Auf „Jobcenter Gangster“ beschreibt der Plusmacher mit einem kleinen Augenzwinkern retrospektiv seinen ehemaligen Lebensstil, „Schatzmeister“ ist ein mehr als gelungenes Intro und „Schuhkarton“ fasst die gesamte Thematik noch einmal perfekt zusammen. „Popelbremse“, „KingimKiez“ und „Taschenrechner“ stechen ebenfalls hervor.

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Viel zu selten kommen leider die typischen Cuts, die auf den letzten Alben bereits zum unausweichlichen Standard avanciert sind. Lediglich am Ende von drei Songs erwarten den Hörer Cuts, für meinen Geschmack leider viel zu wenig. Dennoch versucht der Plusmacher es, langjährigen Fans recht zu machen und spart nicht an Anspielungen auf bereits releaste Werke. So beginnt zum Beispiel „Wir sind Gees“ mit „Nimm’s oder verpiss dich hier“, direkt gefolgt von „der Stromzähler rotiert von 16 bis 4“. Die alteingesessenen Fans dürften hier hellhörig werden.

Fazit: Auf seinem dritten Album liefert der Plusmacher thematisch nicht viel Neues und auch die Beats sind im Vergleich zu den vorherigen Alben rückschrittlich. Thematisch werden Türen geschlossen, anstatt neue zu öffnen oder auszubauen. Das Kopfticker-Team und der Plusmacher selbst haben es in den vergangenen Monaten geschafft, ein einheitliches und stimmiges Bild zu zeichnen und somit für Aufmerksamkeit zu sorgen. Eine gelungene Image-Bildung. Doch insgesamt handelt es sich beim ersten Label-Release leider nur um ein durchschnittliches Album, das sich selbst leider viel zu wenig zutraut und dementsprechend auch hinter den Erwartungen zurückbleibt.

3 von 5 Ananas

Im Oktober 2015 haben wir uns mit dem Plusmacher während der Xatar-Tour in Wien unterhalten. Das Ganze könnt ihr hier nachlesen.