1/3 Instrumentals, 1/3 Underground-Deutschrap, 1/3 Emotrap, wo hoid jemand bissi…
Text: Simon Huber
Fotos: Moritz Nachtschatt
In der Review zu Nepumuks Album „Genozid in a-Moll“ heißt es: „Sichtexot steht für Nischenmusik. Musik für Leute, die genau DAS hören wollen und kein ‚Meinungsgewichse ohne Taschentuch’”. Ursprünglich gegründet von Tufu, Kevoe West, Choclip, Buddy Becks und Anthony Drawn, kann das Label mittlerweile auf ihr fünfjähriges Bestehen mit dutzenden Releases und einem ständig wachsenden Dunstkreis an befreundeten Künstlern zurückblicken – und nimmt den Geburtstag zum Anlass, auf Tour zu gehen. Einziger Österreichstop war am gestrigen Samstagabend im Flex Café, welches sich schon des Öfteren als geeignete Location für vergleichbare Konzerte herauskristallisiert hat.
Während die Haus-DJs von Fear le Funk, Ottomatic & Ra-b Groovebuz, ab 22 Uhr die musikalische Einstimmung für den weiteren Abend liefern, verbringen die Gäste die Zeit lieber im Freien am Donaukanal und bis kurz vor Beginn ist die Location eher spärlich besucht. Das sollte sich jedoch schnell ändern, als die ersten Acts des Abends die Bühne betreten – Luk&Fil zusammen mit ihrem DJ Uwe „am Live-Vibrato“. Es folgt eine circa halbstündige Show mit einem Querschnitt durch die gesamte Diskographie der beiden. So wurden neben Tracks wie „Dadalama„, „Lummerland“, „Papagei“ oder „Schade“ auch neue Songs wie „Chemtrails“ und „Auf“ vorgestellt, um anschließend ironische Shoutouts an die FPÖ zu geben und mit einem „Prosit auf die Unmenschlichkeit“ anzustoßen. Es folgt ein Acappella von Loki, der Track „Gehirn auf!“ vom eingangs erwähnten Soloalbum von Nepumuk und zum Abschluss „Nullpunkt“ – dem verdientermaßen wohl bekanntesten Track des Duos und live immer wieder ein Genuss.
Ohne große Unterbrechung kommen anschließend Tufu, seine „zweite Lunge“ Johnny Moto und Kevoe West auf die Bühne, um von „Alltagserscheinungen“ zu berichten. Wie schon zuvor Luk&Fil hat auch Tufu einiges an neuem Stuff auf Lager, das letzte Soloalbum liegt ja immerhin schon drei Jahre zurück. Neben unveröffentlichten Tracks auf Beats von digitalluc und Beatvadda präsentiert der selbst ernannte „Schmockrap-Unterbinder“ Tracks aus seinen Alben „Die Symbolik des Mastschweins„, „Hässlon“ und „Abdoom und Unraum„, auch Johnny Moto – „halb Mensch, halb Motorrad“ – gibt Teile seines „Moto Tapes“ zum Besten. Das Publikum zeigt sich textsicher, sodass kürzere Aussetzer seitens der Künstler entweder unbemerkt bleiben oder gekonnt und sympathisch kaschiert wurden. Als letzten Track gibt es einen der zahlreichen Features der beiden – passenderweise die Hymne für Anlässe dieser Art: „Du Hure„!
Als letzter Gast des Abends tritt eloQuent mit seinem Back-up Panorama auf, DJ Saje begleitet die zwei an den Decks. Schon vor einigen Wochen konnte man sich von eloQuents Livequalitäten überzeugen, als er mit Hulk Hodn „Sichtexotik im jiggy Ambiente“ zelebrierte. Und auch im Flex Café beweist der Wiesbadener mit dem wohl höchsten Output aus dem Hause Sichtexot, dass er weiß, wie man mit einem Mic umzugehen hat. Aktuellere Tracks mit Hulk Hodn (u. a. „Budapest“) wechseln sich ab mit Songs aus „Skizzen in Grau“ („Käsewiegold“, „Vomglückgezeichnet“) respektive „Skizzen in Blau“(„Rohes Material“, „Nocheins“), unveröffentlichtem Material, A cappellas und erhobenen Mittelfingern gegen die Polizei, gepaart mit Touranekdoten. Dazwischen bleibt natürlich trotzdem die Zeit, den ein oder anderen Kurzen mit den Fans zu trinken – ist ja schließlich immer noch eine Geburtstagsfeier.
Zu guter Letzt versammeln sich noch einmal alle Beteiligten auf der Bühne, um noch einige musikalische Aushängeschilder der SXT-Gäng zum Besten zu geben. Dazu gehören neben Johnny Motos „Lötkolben“ selbstverständlich „Hässlon“ und der „Possecut„, der durch einen Part von Tufu erweitert wird. Darüber hinaus lassen uns die Jungs wissen, dass ein Album von Nepumuk und Tufu in Arbeit ist und eloQuent zerlegt einen Beat von The Alchemist – ein gelungenes Ende nach gut dreistündiger Liveaction!
Fazit: Sichtexot füllt eine Nische, die es in der Form nicht gibt und macht das vermutlich besser, als andere es jemals könnten. Fear le Funk beweist wie schon so oft ein gutes Gespür für Bookings und das Flex Café ist durch die Lage am Donaukanal sowieso immer einen Abend wert. Auf weitere fünf Jahre Sichtexot – „Das hier ist Rap, nicht Germany’s next heftigster Honk„. Word!
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