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Stoistodt meets Cali: Antrue & Chill-Ill mit „L.A. 2 L.A.“ // EP

Stoistodt meets Cali: Antrue & Chill-Ill mit „L.A. 2 L.A.“ // EP

Linzer Rap und die New Yorker Lyricism-Schule – eine Vorliebe, die das Umfeld von Tonträger Records seit Jahrzehnten prägt, begleitet von vielen Shows von US-Helden in der KAPU. Antrue & Chill-Ill widmen ihre neue EP „L.A. 2 L.A.“ einer Metropole auf der anderen US-Küste, möchten mit dem Projekt diese Tradition aber gleichzeitig fortsetzen. Nach dem 2020 erschienenen Album „Anti“ ist es das zweite größere Release von Antrue auf Beats von Chill-Ill.

Auf den vier Tracks sind neben Parts des Linzer Rappers als Featuregäste Rakaa von Dilated Peoples, Like von Pac Div, Blu und Johaz vertreten. Rapper, die nicht gerade für den stereotypischen Westcoast-Sound stehen. Als Vertreter der dortigen Underground-Szene bewegen sie sich teils in Soundnischen, die sich stilistisch an Eastcoast-Traditionen orientieren – aber genug jetzt mit den Schubladen. „Mir hat der Underground-Sound aus L.A. ab Mitte der 1990er sehr getaugt. Wir haben uns vom Sound von Jurassic 5, Dilated Peoples und Co inspirieren lassen. Alle aus diesem Dunstkreis sind Helden für uns“, sagt Antrue im Gespräch.

Initiiert hat das Projekt die wiederaufgeflackerte Connection zu Blu, die vor rund zehn Jahren mit dem Featuretrack „Yougottogo!“ auf dem Album „Blues“ von Andi & Alex ihren Anfang nahm. Aus einem zweiten gemeinsamen Track entstand der Gedanke, ein größeres Projekt mit L.A.-Bezug aufzuziehen. Von Linz Austria nach Los Angeles, war das Wortspiel für den Titel fast aufgelegt. Mit dem ersten Feature in der Tasche und Blu als Vermittler sei es einfach gewesen, die weiteren Rapper an Bord zu holen. Ein Herzensprojekt, für das Antrue & Chill-Ill natürlich auch in die Tasche gegriffen haben – ohne Unsummen auszugeben zu müssen, wie sie betonen.

„Wir tun zwar groß auf L.A. 2 L.A., aber waren beide noch nie dort“, gesteht Antrue schmunzelnd ein. Obwohl die Kommunikation abseits der Studiosession mit Blu in Linz online verlaufen ist, betonen sie die reibungslose Zusammenarbeit mit den US-Kollegen. Allen voran mit Rakaa, der sich intensiv mit Antrues Part auseinandergesetzt und Input für die EP und das Video zum gemeinsamen Track gegeben habe. „Er hat sehr darauf geachtet, was Antrue macht. Es hat deshalb auch zwei Anläufe für den Track gegeben“, sagt Chill-Ill. Klare Themenvorgaben hat es keine gegeben, sie wären wohl auch nicht zielführend gewesen. „Die Amis schreiben meistens gern auf Vibe und Gefühl. Sie philosophieren oft locker-lässig dahin, ohne auf ein spezielles Thema anzugehen“, sagt Antrue. Das spiegelt sich in den Parts wider, wo die Übergänge zwischen lockerem Representen und ernsteren Lines oft flüssig sind.

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Auch instrumental ist die EP namhaft besetzt. Chill-Ill holte sich Unterstützung, um den Live-Einfluss und das organische Element der jazzig-souligen Beats hervorzuheben. Etwa von Seb Zillner, einem seit Jahren in L.A. lebenden Saxofonisten aus Salzburg, der der in der US-Beat- und Underground-Rap-Szene regelmäßig auf Tracks vertreten ist – und etwa auf dem Album „Miles“ von Blu & Exile etwas eingespielt hat. Ähnlich umtriebig sind der am Bass vertretene SK Invitational-Leiter Stephan Kondert in New York, der Trompeter Phlocalyst in der europäischen Beatszene oder der Gitarrist Roman Koberwein im niederösterreichischen Musikmikrokosmos. Die schön ausgestalteten Beats sind digital und auf Platte auch als Instrumentalversionen zu hören.

Ob es Antrue und Chill-Ill für einen zweiten Teil von „L.A. 2 L.A.“ noch nach Los Angeles schaffen? Das steht derzeit noch in den Sternen. Denn auch abseits davon haben sie einiges geplant. Während Antrue mit seinen Crew- und Labelkollegen an der Fertigstellung je eines Albums mit den TTR Allstars und mit Da Staummtisch werkelt, ist Chill-Ill zuletzt wie auf der EP vermehrt in die Produzentenrolle geschlüpft. Davon zeugen laufende Single-Releases unter dem Lo-Fi-Alias Mr. Freed. „Das hat bei mir bisschen überhandgenommen.  Es ist eigentlich im Lockdown entstanden, aber bis heute ein guter Ausgleich. Ich bin ja nach wie vor recordingfaul und mache gern alleinstehend Mucke“. Das Mikrofon hat der St. Pöltner deshalb aber nicht an den Nagel gehängt – er stellt ein neues Rapalbum in Aussicht, das in den kommenden Monaten erscheinen könnte.