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Austro Round-up // Jänner 2022

Austro Round-up // Jänner 2022

Im Jänner haben nicht nur Von Seiten der Gemeinde ihr aktuelles Album „Almen aus Plastik“ veröffentlicht. Kamp, Fid Mella und Whizz Vienna haben etwa mit Singles auf gleich auf mehrere in demnächst anstehende Projekte eingestimmt. Auch darüber hinaus hatte der Start ins neue Jahr einige spannende Releases zu bieten. Das neue Austro Round-up liefert wie gewohnt einen Auszug.

Text: Simon Nowak & Hilde Mayer

Releases

SzumK – BerigDi

Das eigentlich geplante gemeinsame Album mit Langzeit-Rappartner 2kSpike ist dem Perfektionismus von SzumK zum Opfer gefallen. Stattdessen tritt der gebürtige Schwechater Rapper nun vermehrt solo in Erscheinung – auf funklastigem Sound. Eine musikalische Neuorientierung also. Was im Sommer 2021 mit der Videosingle „Zeitraffer“ begonnen hat, setzt sich nun auf den vier Tracks der EP „Berig di“ fort: SzumK setzt auf unbeschwerte, tanzbare Beats und teils gesellschaftskritische Lyrics und trägt so seinen satirischen Charme nach außen.

Auf dem unterhaltsam visualisierten Titeltrack widmet er sich auf der Kleinkunst-Bühne Emotionen, die im Affekt schnell zu Überreaktionen führen können. Die austro-slawische Wortschöpfung ist im Studio entstanden, als Ton-Engineer Jokah SzumKs Perfektionsdrang konterte. Auch auf den anderen Tracks geht es um Emotionen – von Dürümliebe über Eifersucht, Gewalt in Beziehungen zu daraus resultierenden Mordgedanken. „Ich finde es schön, über schiache Sachen zu rappen. Die Auseinandersetzung damit macht das Grausliche bisschen erträglicher“, sagte SzumK jüngst als Gast bei WNMR. Schon für 15. März hat er die nächste EP einer mit „BerigDi“ gestarteten Serie angekündigt.

Def Ill, Fate, Strange & Zoulist – Zeitgeist Chroniken

Fake News, rechte Verschwörungstheorien, instrumentale Radikalisierung, Geschichtsrevisionismus – üble Facetten der Gesellschaft, die keineswegs neu sind, in den knapp zwei Jahren Pandemie aber gehörig an Präsenz zugenommen haben. Weil sie Aufklärung für zielführender erachten, als mit Hass oder pauschalem Abstempeln von „abgedrifteten“ Menschen zu reagieren, wollen Def Ill, Fate und Strange dekonstruieren, Klarheit in den Wahnsinn bringen. Sie haben sich mit dem Projekt „Zeitgeist Chroniken“, produziert von Zoulist & Def Ill und erschienen übers Grazer Label Kopfherzhand, also viel vorgenommen: Message-Rap vom Feinsten.

Die Tracks des Rap-Trios gehen in die Tiefe. Sie ziehen etwa klare Trennlinien zwischen einer berechtigten Skepsis gegenüber großen industriellen Playern und einer generellen Wissenschaftsfeindlichkeit, zeigen auf, wie gefährlich Halbwissen sein kann und ziehen Vergleiche zur Spanischen Grippe von 1918. Am unterhaltsamsten Umgesetzt haben sie die schweren Themen auf dem Track „Chemtrailidylle“, der als Ende des Vorjahres erschienene Single in der Kategorie „Message des Jahres“ bei den The Message Awards 2021 nominiert ist.

KVSAL – white fears brown soul

Mit „white fears brown soul” hat KVSAL eine eindrucksvolle Debüt-EP releast. Mit sri-lankischem Background in Wien aufgewachsen, verarbeitet der Musiker in seinen Songs Themen, die sich von Liebe, über Identität bis hin zu postkolonialen Gedanken ziehen. Eine breite Mischung also, die humorvoll auch eigentlich ernstere Themen aufarbeitet und die beim zuhören immer wieder zum Schmunzeln bringt. Auch die einzelnen Songs klingen sehr vielfältig an, die EP lässt sich aber auch gut am Stück hören – unterbrochen durch überraschende Parts wie das „INTERMEZZO“.

Musikalisch untermalt wird das Ganze durch eine interessante Mischung aus Trap und RnB-Beats, die gemeinsam mit den von KVSAL eingebauten sri-lankischen Rhythmen einen neuen Sound ergeben, der erstaunlich gut funktioniert. Alles in allem eine EP, die immer wieder überrascht – und die Lust auf mehr macht.

Nosi – demos vom studiokrach

So intensiv wir uns mit der österreichischen Musikszene und ihren frischen Gesichtern beschäftigen, rutschen doch regelmäßig sehr talentierte Artists durch, die wir verhältnismäßig spät mitbekommen. Definitiv dazu zählt Nosi. Bereits 2019 veröffentlichte der junge Wiener Neustädter sein Debütalbum „Nosias“. Anfang des laufenden Jahres sammelte der Rapper, Sänger und Produzent, mittlerweile Teil des Earcandy-Rosters, seine jüngsten vier Tracks auf den „demos vom studiokrach“.  

Dass sich Nosi auf clubbig-tanzbarem Sound zwischen Rap und Pop wohlfühlt, zeigte bereits die mit reichlich Hit-Potenzial ausgestattete Vorab-Single „4 Uhr“. Auch auf den restlichen Tracks rappt und singt er szenisch, bewegt sich zwischen befreiten, berauschten Momenten und bedrückten Gefühlsauszügen. Der Sound ist dabei durchwegs eingängig. Bei den Produktionen lieferten DiskoJürgen, Alex The Flipper und Johannes Madl Unterstützung.

Flacki – Ersatzbank

Für eine der stimmigsten EPs im Jänner sorgten Rapper Flacki und sein bester Freund Gin – also der Produzent, nicht das Getränk. Oder doch beide? Mit „Ersatzbank“ knüpft das Duo ans 2020 erschienene Debütalbum „Restfett in Paradise“ an. Egal ob aus der Hüfte geschossene Sportvergleiche, durchdachte Storyteller-Lines, die Auseinandersetzung mit eigenen Süchten und Zwängen oder mit situationselastischen Werten und rechtem Gedankengut in der oberbayerischen Kleinstadt, in der er aufgewachsen ist – der seit ein paar Jahren in Wien lebende Rapper zeigt sein Talent, teils schwierige Themen in Tracks aufzubereiten. Der VOZ-Lifestyle wird auch in Wien hochgehalten. Flacki fährt dabei eher seinen eigenen Film, als zu kopieren. Auch die Beats von Gin sind – irgendwo zwischen alten Einflüssen und moderner Ästhetik – schön ausgestaltet. Als einzgier Featuregast hat LazyLenz eine Hook eingesungen.

RANEEK – Exit Earth

Totgesagte leben manchmal länger. Das gilt auch für HipHop, insbesondere seit dem 2006 erschienenen Nas-Album „HipHop Is Dead“. Klar, die Klänge sind omnipräsent, aber sind sie nicht immer seltener mit gelebter HipHop-Kultur und den entsprechenden Werten im Einklang? Genau da knüpft RANEEK mit seiner Musik an. Sein Zugang ist die alte Schule, aber deswegen noch lange nicht altvatrisch. Erstmals 2021 mit der Single „Give My City Light“ in Erscheinung getreten und stark inspiriert von US-Rap zwischen 90er-Helden und J. Cole, legte der Wiener Rapper und Songwriter im Jänner mit seiner Debüt-EP „Exit Earth“ nach.

Durchwegs auf Englisch gerappt, setzt RANEEK auf den fünf Tracks auf durchdachte und reale Lines. Auf souligem Sound erzählt er Geschichten aus seinem Umfeld, teilt geerdete Lebensphilosophien. Die Erfahrung als Rapper, die im Privaten weit über die ersten Veröffentlichungen hinausgeht, ist ihm durchaus anzuhören. Zum Introtrack „HipHop is Alive“ ist auch ein Video erschienen, RANEEK hat sich sich dabei zum Spitten den gut sortierten Plattenladen Schallter Records ausgesucht.  

Starsky & Hasch (CAF) – Kuschelrap ’89

Was macht Johnny Messer, wenn er nicht gerade im Duo mit seinem Stammproduzenten Hoes´N´PZA derbe Lines straight in die Goschen rappt? Richtig, dann macht er es im Trio Starsky & Hasch – wo auch Sergio Cojones mit bundesdeutsch klingenden Pendants ergänzt. So stehen auf „Kuschelrap ´89“ „Punchlines & Unvernunft“ auf punchigen Kopfnicker-Beats im Fokus, wie es sich für die zwei Rapper aus der Innsbrucker CAF Gang eben gehört.

„Du bist bei uns nicht richtig, wenn böse Wörter dich verletzen“, halten die beiden etwa auf „Egal“ fest. Mit Political Correctness haben sie ungefähr so viel zu tun, wie der FC Wacker mit beständigen Geldquellen und vertrauensvollen Führungsfiguren. Ihre betont tiafen Texte sind unterhaltsam umgesetzt und gut gerappt – auch wenn sie bestimmt bei einigen Leuten für Augenrollen sorgen. Die können dann ja vielleicht mit der ravigen Liebe zu „Ayran und KOK5“ im Outro mehr anfangen. Sonst hilft vielleicht nochmal auf Track eins zurückspulen.

Beatbangers – Humble Rap

Dialektrap auf Gsibergerisch verstehen? Mag für die meisten Leute aus dem bairischen Restösterreich eine Herausforderung sein. Aber Phil Fin von Penetrante Sorte – und mittlerweile einige anderen Rapper*innen aus dem Ländle – haben da schon viel Vorarbeit geleistet. Auch die sonst meist auf Hochdeutsch Rappenden Beatbangers sind auf ihrer aktuellen EP „Humble Rap“ in dieser Sprache zu hören. Auf abwechslungsreich produzierten Beats der Feuerfabrik-Kollegen Devilllion und Chef Boy Dee liefern sie Representer und transportieren dabei etwa ihre global gültige für Liebe für Rap mit Styles, Ecken und Kanten. „Dope heißt nicht das kleinste Etwas verstanden – und doch musst du nicken.“ Kurz nach dem Release der EP knüpften die Beatbangers – wieder mit weniger Dialekt – mit Def Ill am Track „Antipop“ an.

See Also

Singles

Whizz Vienna feat. Kamp – D.A.V.E.V.A

Ganz schön umtriebig ist er gerade, der gute alte Kamp. Nachdem er mal eben über ein Jahrzehnt lang weg war, steht nicht nur sein zweites Album (ähem, Doppel-EP natürlich) „202 – 2urück ohne 2ukunft“ mit Fid Mella in den Startlöchern. Mit „D.A.V.E.V.A.“ erhielt vorab auch das Album „Versager Ohne Zukunft“ mit Whizz Vienna ein kleines Update. Genauer gesagt das ursprünglich instrumentale Outro „Das Ende vom Anfang“ einen Part. Kamp ruft mit paar altbekannten und einigen in jüngerer Vergangenheit entstandenen Lines die Zeit in Erinnerung. Dass er dabei neben Tauben im alten VOZ-Büro zu sehen ist, verstärkt den Nostalgie-Charakter. Das Comeback des Jahres? Na no na ned.

Der neue alte Track landet auf „The Souloist„, dem für 25. Februar angekündigten Instrumentalabum von Whizz Vienna. Ein weiterer Rückblick, denn die darauf versammelten Tracks entspringen einem kürzlich aufgetauchten, lange verlorenen geglaubten Beatordner namens „Whizz Vienna Beatz“. Als zweiter Special Guest ist Prinz Pi zu hören, obendrein hat DJ Vektor Cuts beigesteuert.

Kitana – Block

Kitana sollte man auf der Suche nach den vielversprechendsten Newcomer*innen auf jeden Fall ganz oben auf der Liste mit dabei haben. Nach zahlreichen Freestyle-Videos und dem zuletzt veröffentlichten Track „Grau“, veröffentlicht die Wahlwienerin mit „Block“ im Jänner ihre dritte offizielle Single und zeigt auch hier was sie drauf hat. Drogen, Fake Friends und eine gewisse Schwermütigkeit sind Themen, mit denen sich der neue Song beschäftigt.

In meinem Kopf ist schon Lockdown seit ich lebe“ rappt Kitana so an einer Stelle und fängt den Vibe des Songs so auch textlich ein. Die getrübten Sounds, die die Single auszeichnen, sind wohl nicht zuletzt dem Produzenten Food For Thought zu verdanken, der den Song mit seiner Produktion perfekt abrundet.

Apollo Sissi – Kylie’s Skit

„Wählerischer Lebensstil in wienerischer Leichte, dichterische Leichtigkeit vermischt sich grad mit Tightness“ – wer auf dem neuen Track von Apollo Sissi prägnante Zitate sucht, wird schnell fündig. Hier könnten stellvertretend auch einige andere Lines aus dem „Kylie’s Skit“ stehen. Der Linzer/Wahlwiener weiß es nicht nur, offen seine Gefühle und Unsicherheiten wie auf der „und das ist für immer“-EP zu teilen. Er kann auch ganz schön überzeugend große Töne spucken, seine Skills unter Beweis stellen. Die aktuelle Single, produziert im Gespann mit Alex The Flipper und Alexander Zierhut, ist ein Vorbote auf Sissis Debütalbum „Shady & Schön“, das für Mai angekündigt ist.

Ben Saber – Heute Nacht

Neues Label, neues Glück. Nach seinen in den vergangenen Jahren via Sony erschienenen Singles hat Ben Saber kürzlich bei einem altbekannten Wiener Rap-Label angedockt: Sua Kaan Music. Dem Label wird nach längerer Pause also neues Leben eingehaucht, wobei sich die alten Protagonisten Mevlut Khan, Murathan Muslu (Aqil) und Ata Kaan eher im Hintergrund halten dürften. Mit Ben Saber geht es in eine poppigere Richtung. Sein Talent konnte der studierte Sänger schon in der Vergangenheit zeigen. Im Jänner knüpfte er mit einem absoluten Hit, reichlich 80er-Vibes und einem eindrucksvollen Video an – das übrigens unter starker Beteiligung der drei Labelköpfe entstanden ist. „Heute Nacht“ ist irgendwo zwischen Michael Jackson und The Weeknd auf Deutsch, stark gesungen und der erste Vorbote von Ben Sabers Debütalbum „5 vor Zwölf“.

Weiteres

Releases

Aist Connexion – 11ÈME SENS
Phöönix – Dope Fresh Real
RapMachine – „Hear me – Feel me
Rico Belafonte – 2023
Sonix – Frosty Fam
Wal de Mar – Lockdown love

Singles

1100promille ft. Mista Chad – Autobahn
Amnezzi – Wo bin ich
Andzijo – Eiskalt
Azman – Meine Welt
Bacardy52 & Skyfarmer – Asics
Backland – Crazy / In meiner Lane
Berga – Hoffnung
Bjøvan feat. Shher – Saiyajin
Chakuza – Wo du bist
D.A.R.I.O. & Nika – Wolke
Dr. Docs – Baklava
Edi – Loft
Eli Preiss – Lvl up
Fuchs MC – Impfn
Gola Gianni – Ok Ok!
Koko Tai – Geschenk
Lawrenco – Nightcrawler
Lent – Drive
Mazo46 – Mach es wieder gut
MDK – Heit
Meydo – Wave
Miriam Luna & Jahson The Scientist – You Thrill Me
Okfella & Bibiza – Kopf aus Herz an
Palavra – Alles noch ok
Savi Kaboo – Fairylights
Schwesta Ebra – Verkehrt
Seha Eks – Calumet
Smooth Monkey & BRII – Moving On
Spitting Ibex – Kingdom of Devotion
strange – Unter bekiemten
Unison – Pressure Gets Too Deep
Uzi27a & Metyy – Cold
Vearz & 2kSpike – Gutschi Gutschi
Wolfi F. – Fahr meinen Film