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Beatshizzle (Mai/18) // Beats & Instrumentals

Beatshizzle (Mai/18) // Beats & Instrumentals

In dieser Reihe widmen wir uns monatlich den neuen Releases der Beat- und Instrumental-Szene. Das Meer an großartigen Beats wird von Tag zu Tag größer und nur die wenigsten Produzenten erhalten gerechtfertigte Credits. Darüber hinaus gibt es regelmäßige Instrumentalreihen – viele der Projekte gehen allerdings in der Flut an Releases einfach unter und werden nicht mit einem eigenen Artikel gewürdigt. Dennoch sind sie relevant genug, um ihnen eine Plattform zu bieten.

Substantial – The Garden

Das Schaffen von Substantial ist seit jeher stark von grüblerischen Texten und jazzigen Beats geprägt. Selbst produziert der Underground-Rapper aus Maryland zwar schon seit dem Jugendalter, dennoch traute er sich in seiner mittlerweile knapp zwanzigjährigen Musikkarriere nie, über eigene Beats zu spitten. Er konnte ohnehin auf hochkarätige Hilfe setzen: Für das 2001 erschienene Debütalbum „To This Union a Sun Was Born“ steuerte der japanische Jazzhop-Guru Nujabes die meisten Instrumentals bei, später folgten Kollabos mit weiteren Beat-Größen wie Kno oder Oddisee sowie besonders intensiv mit Marcus D unter dem Namen Bop Alloy.

Im Dezember 2017 releaste Substantial mit der EP „Seeds“ erstmals eigene Beats. Nun legt er mit dem Longplayer „The Garden“ nach, auf dem neben verspielt groovenden Upbeat-Tracks und oft dominant gesetzten Basslines reichlich smoothe, jazzige Klänge zur Geltung. Einige Featuregäste runden das Soundbild ab. Vor allem das Stabspiel des Percussionists Malcom Jackson sowie der Saxofon-Part von Uyama Hiroto stechen positiv heraus. – Simon Nowak

Ghanaian Stallion – Future Soul

Als Produzent für etablierte Rapper wie Megaloh oder Chima Ede hat er sich schon länger einen Namen gemacht, spätestens seit der EP „Soul Fruits“ weiß man, dass die Beats von Ghanaian Stallion auch ohne rappende Kollegen funktionieren. Nun erschien mit „Future Soul“ die erste Instrumental-LP, die sich, wie es der Name impliziert, an den elektronischen Einflüssen des Genres orientiert. Interessant auch sein Beitrag zu „Producer’s Producer“ von den ALL GOOD-Kollegen, in dem er seine Bewunderung für No I.D. erläutert: „Was ich an No I.D. allerdings am krassesten finde, ist seine Transformation: von einem mehr oder weniger Underground-Beatmaker hin zu einem Produzenten, der es, ohne seine Identität zu verlieren, geschafft hat, auch im Mainstream stattzufinden.“ Auch Ghanaian Stallion ist auf dem besten Weg dort hin. – Simon Huber

Brownout – Fear Of A Brown Planet

In Austin beheimatet ist die neunköpfige Bigband Brownout, bestehend aus Mitgliedern von Grupo Fantasma und Money Chicha. Auf ihrem jüngsten Studioalbum „Fear Of A Brown Planet“ hat die 2003 gegründete Supergroup in Psych-Funk-Manier die Instrumentals einiger Public-Enemy-Tracks neu interpretiert. Gut vergleichbar ist das Werk also mit der „Illmatic“-Hommage „Elmatic“, mit der Will Sessions den Beats des Nas-Meilensteins einen neuen Anstrich verliehen haben. Im Kontrast dazu bleibt die Brownout-Reinterpretation allerdings ohne Vocals.

Die Texaner geben an, auch wegen des „revolutionären Spirits“ der aggressiven Tracks Fans der New Yorker Oldschool-Formation geworden zu sein. Die teils auf mehreren Samples basierenden Beats zu instrumentalisieren, hat die Band aber gehörig ins Schwitzen gebracht. Offenbar gab es bei der 2014 veröffentlichten Black-Sabbath-Reinterpretation weit weniger Hürden. Doch die harte Arbeit hat sich gelohnt – mit „Fear Of A Brown Planet“ ist der Truppe eine funkig-raue Reinterpretation der bekanntesten Public-Enemy-Tracks gelungen, bei der die Originale stets durchschimmern. – Simon Nowak

L-One – Medusa

Fast ein Jahr nach „Farska“ erschien kürzlich mit „Medusa“ das zweite Release des Münchners L One über Beat Art Departement. Ausgestattet mit exotischen Samples, trippy Drums und einem Gesangspart von Akere-Kollegin Sarah Sulai ist daraus ein kurzweiliges Album mit zahlreichen kulturellen Referenzen geworden, deren Verspieltheit teils erst nach mehrmaligem Hören aufällt, das Album aber umso hörenswerter machen. – Simon Huber

Don Philippe – Hour of Shadow

Seit nach über 20 Jahren Freundeskreis-Aktivität Ende 2016 das erste (HipHop-)Soloprojekt von Don Philippe veröffentlicht wurde, erscheinen in beeindruckender Regelmäßigkeit neue Alben, nun mit „Hour Of Shadow“ schon zum wiederholten Male bei Dezi-Belle Records. Wie immer bei seinen Releases gibt es ein stringentes Konzept, dass sich von Cover über Titel bis hin zur  musikalischen Umsetzung zieht. So verwundert es nicht, dass „Hour of Shadow“ auch dunklere Atmosphäre schafft als der Vorgänger. Ausgehend davon ist es eine interessante Überlegung, inwiefern Artwork und Aufmachung die Wahrnehmung der Musik beeinflussen können. Unabhängig davon ist es auf jeden Fall ein gelungenes Album und Don Philippe bleibt seinem aktuellen Outputryhthmus treu. – Simon Huber

Black Bear Basement – Beyond Traits

Unter dem Namen Black Bear Basement versammelt sich ein vierköpfiges Kollektiv aus Hannover, das versucht, Elemente aus HipHop und Jazz zu vereinen. Aber nicht in Form von Samples, wie es Usus ist, sondern durch ein Wechselspiel aus produzierten Beats und Livesound aus Vibraphon, Saxophon, E-Piano und Turntables. „Beyond Traits“ ist das erste Album in dieser Formation, aber hoffentlich nicht das Letzte. – Simon Huber

Ivy Lab – Death Don’t Always Taste Good

Das Duo (und frühere Trio) Ivy Lab spezialisiert sich seit einigen Jahren auf experimentell gehaltene UK-Bass-Sounds. Die Londoner werden zu den wichtigsten Vertretern der Subgenres Future-Bass und Halftime gezählt, prägten diese mit der 2015 erschienenen LP „20/20 Volume 1“ sowie einigen darauf folgenden EPs entscheidend mit. Nun liefern die Gründer des pulsierenden Labels 20/20 LDN mit „Death Don’t Always Taste Good“ ein weiteres progressives Album. Die 12 düsteren, wummernden Tracks muten gewohnt abstrakt an, Ivy Lab sorgen damit abermals für einen interessanten Mix aus clubtauglichen Bangern und ruhigeren Tracks – allesamt im niedrigen BPM-Bereich angesiedelt. – Simon Nowak

Lex (de Kalhex) – Cairn

Wenngleich Einflüsse von Nujabes und Jazzhop-Konsorten flagrant sind, hat Lex (de Kalhex) längst seinen charakteristischen Sound gefunden. Wohl aufgrund der verstärkten Kombination mit Ambient-Elementen weisen die entspannt groovenden, verträumten Klänge des Pariser Produzenten einen hohen Wiedererkennungswert auf. Mit „Cairns“ knüpft er nun nahtlos an seine bisherigen Solowerke „Perfect Picture“, „Full Cycle“ und „Satori“ an. Für die obligatorische, als Hauptinspiration dienende Reise hat es den Akromégalie-Beatbastler diesmal nach Skandinavien verschlagen – natürlich inklusive ausgiebiger Besichtigung der Landschaft sowie von Plattenläden. Alles Routine, aber erneut auf sehr hohem Niveau. – Simon Nowak

Kill Emil – Ghost Diary

Ebenfalls reisefreudig zeigt sich Kill Emil auf seinem fünften Soloalbum „Ghost Diary“, wie die Tracktitel „Flight To Thailand“, „Rue de Tardy“ und „Uferstrasse“ unterstreichen. Der umtriebige Grieche mit brasilianischen Wurzeln baut seit jeher gerne Samples und Einflüsse aus aller Welt in seine Tracks ein. Soundtechnisch bewegt sich der MPC-Fanatiker auf „Ghost Diary“ wie gewohnt in „Extended Boombap“-Gefilden, wobei er die Kopfnick-Grundzutaten geschickt durch weitere Melodien und Einflüsse ergänzt. Wieder mal ein durchwegs rundes Album von Kill Emil. Diesmal erschienen via Postpartum, gemastert in Wien von SterilOne. – Simon Nowak

Thelonious Coltrane x Wilczynksi – EXPEDition 21 & 22

Es ist wieder Zeit für EXPEDitionen. Dieses Mal steuern die Stammgäste dieser Rubrik Thelonious Coltrane und Wilczynski  einen Beitrag zur fast schon legendäre Reihe von vinyl-digital bei. Während ersterer eine breite Palette  an Styles auffährt, verläuft die Reise zu sich selbst bei Wilczynski deutlich gemächlicher verläuft. Obwohl die Platten unterschiedlicher nicht sein könnten, bestechen beide durch die persönliche Note der Protagonisten und sind der Beweis dafür, dass sie sich ihren Platz in der Serie verdient haben. – Simon Huber

Potatohead People – Nick & Astro’s Guide To The Galaxy

Die Kanadier Nick Wisdom und AstroLogical treiben seit einiger Zeit gemeinsam ihr Unwesen, entwickelten schon in Schulzeiten eine gewisse Affinität zur Beatszene. Seit gut fünf Jahren arbeiten sie als Potatohead People zu zweit an Instrumentals mit progressivem Anspruch. Nun steht das erste Release seit dem 2015 erschienenen „Big Luxury“ – die galaktische Führung enthält wie gewohnt fein vibende, mit verstärkten Funk- und Elektronic-Zügen ausgestattete Beats. Ein Paar der Tracks sind obendrein durch Vocals ergänzt, etwa von Moka Only oder dem Dilla-Bruder Illa J. – Simon Nowak

Marcus D – 龍神の夢 (Ryujin no Yume)

Schon bemerkenswert, wie eifrig Marcus D ist. Zwei Monate nach der Fortsetzung seiner mit Nintendo-Samples besüickten „Retro’d“-Reihe liefert der aus Seattle stammende Wahljapaner eine weitere umfangreiche Beat-Sammlung. Nach einigen jazzlastigen Produktionen à la Nujabes, Jazz-Fusion-Sounds auf „Pink Lemonade“ und der eingangs erwähnten Erinnerung an jugendliche Nerd-Zeiten, liefert der vielseitige Produzent nun simple, am LoFi-Gedanken orientierte Gratis-LP. Diese ist mit SP-404 produziert – sowie teils durch Bass und Gitarre ergänzt. Die 27 Tracks sind glücklicherweise adäquat gemixt, wirken generell im Kontrast zur überwiegenden Mehrheit der Werke, die der LoFi-Kateogrie zugeschrieben werden, nicht nur lieb- und anspruchslos hingefetzt. – Simon Nowak

MF Eistee x Loopschrauber – Houseboat

Eine Bootsfahrt, die ist lustig… zumindest, wenn die musikalische Untermalung dafür von MF Eistee & Loopschrauber kommt. Deren aktuelle EP „Houseboat“ widmet sich nämlich genau diesem Thema. Allerdings nicht den Costa Concordias dieser Welt – dafür wäre der Soundtrack denkbar unpassend –,  sondern den gemütlichen Bootsfahrten auf kleinen Gewässern. Oder dem Wunschtraum eines Hausboots mit Nächten unter offenem Himmel. Dafür scheint die Musik wie gemacht. – Simon Huber

The Breed – Smunchiiez

In den vergangenen beiden Jahren konnte sich The Breed als Hausproduzent von Plusmacher etablieren, dessen Alben „Kush Hunter“ und „Hustlebach“ (erschienen am 8. Juni) er komplett produziert hat. Weiters liefert er nun mit „Smunchiiez“ ein neues Solowerk, diesmal erschienen via Chillhop Records. Auf „Producer Spotlights“ beschreibt der Dr. Dre-Fan den Sound als Kombination von G-Funk, Boombap sowie diesmal verstärkt eingebauten Chillout-LoFi-Elementen. Thematisch ergänzen hierbei Munchies die Sex-Ebene, wie der Titel unterstreicht. In den kommenden Monaten soll es beim kamerascheuen Produzent ähnlich produktiv weitergehen: Noch heuer möchte er ein weiteres Instrumentalalbum veröffentlichen, bei dem ein bekannter Kollege mitwirken soll. Um wen es sich dabei handelt, verrät er noch nicht. – Simon Nowak

See Also

 

Morlockko Plus ‎– Zurück Im Laboratorium

Morlockk Dilemma schlüpft mal wieder in sein sadistisch veranlagtes Produzentenpseudonym Morlockko Plus. „Zurück ins Laboratorium“ heißt sein neuestes Instrumentalwerk, dass er neben der limitierten Vinylversion inklusive fancy Actionfigur auch zum kostenlosen Download anbietet. Das atmosphärische Wechselspiel aus skizzenartigen Beats und Filmsequenzen ist fast schon zum Markenzeichen geworden, das sich auch auf vorangegangenen Alben – sei es als Producer oder Rapper – herauskristallisiert hat. Außerdem stellt „Zurück ins Laboratorium“ anscheinend den Start einer neuen Serie dar, wobei es hierzu noch keine näheren Informationen gibt. man darf also gespannt bleiben. – Simon Huber

LBL – twoface #2

Nach einigen Nebenprojekten gibt es GreenInstruments & Phi618 nun wieder in Form von LBL zu hören. „Twoface#2“ ist die logische Fortsetzung von „Twoface#1“ und vereint Zusammenarbeiten der beiden Produzenten, die erneut sehr facettenreich gestaltet wurden. Ob Marihuanahymne oder Sommersongs, für jeden Geschmack ist etwas dabei. – Simon Huber

Isaac Haze – Fingerprints Vol. 2

Weiter geht’s mit Fortsetzungen: Isaac Haze verteilt wieder fleißig seine Fingerprints in der Szene. Stilistisch und musikalisch knüpft er an den Vorgänger an, eine Aufwertung respektive Weiterentwicklung des Sounds zeigt sich unter anderem in der Kollaboration mit DJ-Größen wie DJ Crypt von den Snowgoons und DJ Rookie. – Simon Huber

Funky Notes – Scigns of life

Nachdem die Ankündigungen dafür schon relativ lange zurückliegen, erschien mit „Scigns of Life“ im Mai endlich auch die erste Solo-LP des Schweizers Funky Notes. Neben einer EP von 2016 wurde er hauptsächlich für seine Kollaborationen mit unter anderem Meister Lampe bekannt, produzierte auch daneben für verschiedene Rapper. „Scigns of Life“ soll bestimmte Moods und Situationen musikalisch darstellen und fällt dabei sehr abwechslungsreich aus. Es hebt sich dadurch von der Monotonie ab, die zugegebenermaßen manchen reinen Instrumentalalben innewohnt. Banger wie „Mr. Brown (Hit Me)“ sucht man zumindest auf vielen anderen vergeblich. – Simon Huber

Obeez – Dependencies

Mit erst 19 Jahren veröffentlicht der Berliner Obeez seine erstes Soloprojekt „Dependencies“ über das MPM-Sublabel KO-OP.  Bislang wurden seine Produktionen hauptsächlich für die musikalische Untermalung seiner Crew GlenGang verwendet. Der Switch vom Fingerboard zu Ableton im jungen Alter scheint sich bezahlt gemacht zu haben, stehen die Beats denen seiner dienstälteren Kollegen in nichts nach. – Simon Huber