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Plusmacher Interview – „Richtig schön trocken, dreckig und ohne Schnörkel“

Plusmacher Interview – „Richtig schön trocken, dreckig und ohne Schnörkel“

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Mit zwei Alben hat der Plusmacher bereits einen Teil Rap-Deutschlands auf sich aufmerksam gemacht. Nach seiner Unterschrift bei Xatars neu gegründetem Label „Kopfticker Records“ steht nun sein drittes Release vor der Tür. Zur Einstimmung auf das Album begleitete er den Baba aller Babas auf dessen Tour. Wir haben uns mit ihm vor der Show im Wiener Flex getroffen und mit ihm über seine bisherigen Veröffentlichungen, Xatar, Drogen und seine Zukunftspläne gesprochen.

Das neue Plusmacher Album „Die Ernte“ erscheint am 15. Januar 2016 über Kopfticker Records und hier könnt ihr es vorbestellen.

Wie die Show war, könnt ihr hier nachlesen und das umfangreiche Xatar-Interview gibt es hier.

Fotos: Marlene Rosenthal
Interview: Max Cornelius
Mitarbeit: edHardygirl14

The Message: Viele Termine der Tour sind ausverkauft. Wie reagieren die Leute auf dich als Voract?
Plusmacher: Positiv, überrascht – viele kennen mich nicht. Aber circa 70 Prozent gehen krass darauf ab. Es herrscht immer eine geile Stimmung. Die Hallen sind auf jeden Fall voller als bei meiner letzten Tour, als ich alleine unterwegs war.

Du wurdest neulich als erstes Signing von Xatar’s neuem Label Kopfticker Records bekanntgegeben. Kanntet ihr – du und Xatar – euch schon vorher?
Das war schon lange in Planung und wir haben natürlich alle vorgearbeitet. Ich glaube am 2. August wurde ich dann als neuer Künstler bekanntgegeben. Also ich kannte ihn bis zum Signing noch nicht persönlich. Aber der Name war mir schon vor der Aktion ein Begriff.

Wie lief das dann genau mit dem Signing und der Labelgründung nach seiner Entlassung ab?
SSIO war auf Tour und hatte Tourstop in Berlin. Ich war damals als Vorgruppe engagiert. SSIOs Bruder, der jetzt mein Labelmanager, Mitgründer von Kopfticker Records und auch AON-Labelmanager ist, war auch anwesend. Der hat mich damals live gesehen – und hat es abgefeiert und das Xatar, der damals noch in Haft war, mitgeteilt. Er meinte: „Ruf ihn mal an, der Typ ist Bombe, den müssen wir irgendwie zu uns holen.“ Und dann hat Xatar mich angerufen. Als Xatar dann Lockerung bekommen hat, haben wir uns persönlich getroffen.

Xatar hat gemeint, Kopfticker wird ein Sublabel. Dort sollen Signings getätigt werden, die nicht direkt ins Alles-Oder-Nix-Konzept passen. Was unterscheidet dich von den AON-Künstlern?
Schwierige Frage. Natürlich ähnelt sich das vom Sound schon ein bisschen. Aber ich würde den AON-Sound eher als Westcoast-orientiert bezeichnen und meiner erinnert mehr an die alten Eastcoast-Sachen wie Mobb Deep. Richtig schön trocken, dreckig und ohne Schnörkel. Für den Durchschnittshörer unterscheidet sich am Ende nicht viel – sonst hätten die mich ja auch nicht gesignt.

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Auf „Bordsteinwirtschaftslehre“ rappst du über die Ich-AG. Wie hat sich deine Arbeitsweise durch das Signing verändert?
Meine Arbeitsweise an sich ist immer noch die Gleiche. Wie ich die Texte schreibe und wie ich an das Ganze herangehe, bleibt gleich. Aber ich muss nicht mehr meine eigene Kohle investieren und riskieren. Der Produktionsprozess wurde auch viel krasser. Früher habe ich 18, 20 Songs aufgenommen und 16 sind dann schlussendlich auf dem Album gelandet. Dieses Mal hatte ich meine erste Abgabe im Dezember 2014 – mit den ersten 20 Songs. Die letzte Abgabe war vor zwei bis drei Monaten und mittlerweile habe ich schon 40 Songs für die Platte aufgenommen  – die besten 20 haben wir auf das Album gepackt.

Das heißt, du bist auch produktiver geworden?
Ja, natürlich! Jetzt erhalte ich mehr Förderung. Früher war ich selbstkritisch – aber jetzt gucken auch mehrere Augen drauf und können den Output kontrollieren und auch eventuell Lieder, die ich vielleicht selber nicht drauf gepackt hätte, zurückholen. Wer BWL und FSW gefeiert hat, wird das Ding auf jeden Fall auch feiern. Es ist halt noch mal eine krasse Steigerung zu erkennen.

Bist du trotzdem bei deinen alten Produzenten geblieben?
Das auf jeden Fall. Zu 80 Prozent bin ich bei meinen Hausproduzenten geblieben. Marcus B auf jeden Fall. Klar sind REAF, The Breed und Brenk Sinatra auch vertreten. Wer noch? Figub Brazlevič ist mit drauf, wie auch auf dem letzten Album.

Auf dem Track „Ein jeder ist Held“ rappst du „Mit Stift, mein Reimbuch, der Spliff. Therapie ist Musik, alles andere nur Gift.“. Was therapiert dich neben der Musik?
Sport und Boxen gehen.

Deine Alben sind immer wieder mit kreativen Skits bestückt. Wie entstehen deine Skits?
Dankeschön. Ich mach mir da nicht großartig Gedanken. Ich hab einfach gesagt: „Wir müssen Skits machen!“ und ich war mit Spaten im Studio und dann haben wir solche Szenarios nachgemacht.

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(c) Philip Pesic

Du rappst immer wieder von deiner Zeit als Dealer. Wie stehst du einer Legalisierung von Gras gegenüber?
Ich konnte das immer mit meinem Gewissen vereinbaren, wenn ich Gras verkauft habe. Das ist am Ende das System, das dir sagt, dass es etwas Schlechtes ist. Für mich ist das eine Form von Medizin. Vielen Leuten geht’s besser durch den Konsum. Alkohol ist im Vergleich deutlich schlimmer. Wie viele Tote gab es denn schon durch Cannabis? An jeder Ecke kriegst du Pfeffi oder Billig-Korn. Ich trinke drei Korn und ich bin am nächsten Tag gefickt im Kopf. Ich rauche drei Joints und fahr am nächsten Morgen zum Training. Klar, jeder verträgt eine Droge anders und muss wissen, wie er es konsumiert. Wenn ich 10 Haze-Joints am Tag rauche, dann werde ich auch behindert im Kopf und bekomm nichts mehr auf die Reihe. Am Ende des Tages dreh ich mir einen Joint zum Chillen und zum Runterkommen.
Wenn du dir einen Club anschaust: Wie viele Schlägereien und Abstürze gibt es wegen Alkohol? Wenn alle kiffen würden, dann würde es erst gar nicht dazu kommen. Für mich ist das paradox, wenn ich riesige Plakate mit Bierwerbungen drauf sehe und gleichzeitig Gras verboten ist. Warum hängt da kein Plakat mit einer Pflanze drauf, das dafür wirbt, dass du dir deine Medizin an der nächsten Apotheke kaufen kannst? Die Pharmaindustrie ist sowieso ein Hurensohn. Die erlauben das nicht, weil sonst viele merken würden, dass die Natur auch helfen kann. Klar ist Alkohol in der Kultur verankert, aber die Menschen müssen Entwicklung zulassen. Dann gehört Gras genauso zur Kultur wie Alkohol.

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Viele Stimmen fordern inzwischen eine Legalisierung von allen Drogen aufgrund einer gescheiterten Drogenpolitik. Wie stehst du dazu?
Da bin ich gar kein Freund von. Klar ist das Gras heute auch extrem überzüchtet und mit Düngemitteln vollgepumpt – aber dieses ganze Synthetische ist noch mal ein ganz anderer Film.

In „Rinoplus“ rappst du über deine Jugend und du sagst „Ein Zug vom Joint und die Freestyles kamen on Point.“ Freestylest du noch?
Heute freestyle ich nicht mehr, wenn ich ehrlich bin. Das waren aber meine ersten Sachen und in der Anfangszeit habe ich auch viel gefreestylt, an Battles teilgenommen und auch gewonnen. Aber das hat sich so extrem entwickelt. Gerade in Berlin – mit „Rap am Mittwoch“ und „DLTLLY“ gibt es mittlerweile richtig viele Formate. Ich find’s cool, dass das noch gepflegt wird, aber es ist nicht mehr meine Disziplin. Ich gehe lieber ins Studio und pack die Lines aufs Album und bringe eine Platte raus.

Xatar ist kurdischstämmig und du bist Deutscher. In „Durchblick“ rappst du „Ich kann dir nicht erklären, was in der weiten Welt abgeht.“ Vielleicht kannst aber ein bisschen was zu Ostdeutschland sagen. In den Medien wird immer wieder über rechte Ausschreitungen im Osten berichtet, wie erlebst du die Ausländerfeindlichkeit in Magdeburg?
Also zur jetzigen Zeit kann ich da kein richtiges Statement abgeben, da ich schon seit ein paar Jahren nicht mehr dort lebe. Aber damals hab ich das nicht so wirklich mitbekommen, weil es im Kiez am Hasselbachplatz so was nicht gab. Ich wurde da geboren und bin dort aufgewachsen und hatte eigentlich auch seit kleinauf Ausländer um mich rum.

Hast du Bekannte, die schlechte Erfahrungen gemacht haben?
Nein. Ich kenne höchstens Jungs, die die Nazis geklatscht haben. Aber an sich hatten wir keine Probleme mit Nazis. Das sind richtig dumme Menschen, die gar nicht wissen, was sie da eigentlich sagen. Die sind ziemlich gefrustet und die Gegend ist tot und dann suchen die sich was Fremdes, auf das sie ihren Hass projizieren können. Am Ende ist das richtig traurig und wird noch mal durch die Medien hochgespielt. Ich kenn meine Jungs und keiner wurde irgendwie von einem blöd angemacht.

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