Deschek vom Message. Gebts ma an grünen Avatar heast!
„Der Schweinehund kummt und niemand kann erm hoidn“ – was nach einem Widerspruch klingen mag, zieht sich nun durchs bald zehnjährige Dasein. Seit Kreiml & Samurai 2013, eingespielt seit Wienzeile-Zuaschädlrap-Crewanfängen, den Schweinehund mit dem gleichnamigen Debütalbum ins Leben gerufen haben, ist dem Untier dank konstant qualitativer Releases ein Fixleiberl im hiesigen Mundartrap-Olymp sicher. Für eine Fortsetzung sorgt das fünfte größere Release – am 13. Mai ist das Mixtape „Und täglich grüßt das Untier“ erschienen. Wir haben die beiden auf ein Bier getroffen, einige Hintergründe übers Mixtape und das Rundherum erfahren.
Mehr gemacht als gedacht
Nach ihrem bislang arbeitsintensivsten und am professionellsten ausgestalteten Album, dem von Brenk Sinatra produzierten „Auf olle 4re“, haben Kreiml & Samurai diesmal auf einen altbewährten Film mit „hingschissenen“ Tracks vertraut: viele Sessions mit Beats aus einem Pool an befreundeten Produzenten, kein roter Faden, kein langes Schleifen. So wirkt das Mixtape wie der logische Nachfolger des Vorvorgängeralbums „Wuff Oink“. „Ich glaube, bei uns ist es oft runder, wenn wir gar nicht nachdenken – ist vielleicht nicht so unsere Stärke“, sagt Samurai im Gespräch mit einem Schmunzeln. Ohne „Auf olle 4re“ in irgendeiner Weise schmälern zu wollen. Viel eher sei es mit modernerem Soundbild und paar der bisher persönlichsten Tracks des Duos nach drei sehr ähnlich klingenden Alben ein Schritt gewesen, um nicht zur immer gleichen Schablone zu werden. „Ich fand ja lustig, dass zum Mixtape paar Leute gesagt haben: ‚jetzt wolltet ihr’s den Leuten rechtmachen‘ oder ‚Jetzt seid’s wieder ihr‘. Heast, wir machen das, worauf wir Bock haben – nur so kannst du als Musiker auf Dauer glücklich werden“, stellt Samurai klar.
Experimente gab es auch diesmal, aber eher bei den Featuregästen – von denen nur wenige aus der Honigdachs-Bubble stammen. So haben sich etwa BumBumKunst, DreXor, Vearz, David Scheid, WNMR-Contest-Winner Nikita Brale oder Heatvienna-Stammtischler Lazy Swan beteiligt. Vor allem die beiden Letztgenannten sind als „out of the box“-Features hervorzuheben und bringen frischen Wind rein. „Es kommt selten vor, dass uns jemand, den wir noch nicht gekannt haben, so flasht wie die beiden. Das hat uns motiviert, was mit ihnen was zu machen, ihnen eine Plattform zu geben“, meint Kreiml. Den 17 Tracks ist anzuhören, dass nach der Coronawatschn mit verschobenen Tourhighlights im Studio der Spaß an der Sache im Vordergrund stand. Sie ergeben ein gewohnt unterhaltsames Programm mit Punchlines, lustigen, grindigen und reflektierten Lines auf Representern, Exzess-, Nonsense- und Thementracks. Am offensichtlichsten spiegelt „Papalapap“, die Antithese zu weichgespültem Paparap, mit dem alten Einbaumöbel- und KaKa-Rapper Kschisch die persönliche Entwicklung der Rapper wider.
Jugendsünden & Austrorap für die Kids
Bei den Mixtape-Sessions habe es wie eh und je nüchterne und dichte Momente gegeben. „Natürlich sind die Sessions mittlerweile eine Auszeit vom Alltagsleben, wo man mehr funktionieren muss als früher. Wir müssen das Rapding familienfreundlicher Leben“, sagt Kreiml. Ein natürlicher Reifeprozess – der ebenso wenig an Samurai vorbeigegangen ist. „Es war jetzt nicht so: ‚Ich hab ein Kind, jetzt bin ich nüchtern‘. Aber ich bin an einem Punkt angelangt, wo ich gewisse Dinge hinterfragt habe. War ich der Autor oder der Schauspieler, der am Ende stirbt? Danke an meine Frau und meine Tochter, dass sie mir da bisschen geholfen haben“, ergänzt er. Seine Crazyness sei ohnehin von Haus aus da, um sie auszuspielen brauche es nicht zwingend den Bum-Zuastand.
Ob Kreiml & Samurai sich rückblickend gerne manch älteren, teils besonders tiafen Track aus ihrer Diskografie erspart hätten? Eine Frage, die sie sich selbst immer wieder stellen. „Die Antwort ist meistens: gar keine. Es sind Zeitdokumente, das Mindset war ein anderes. Natürlich würde man manches nicht mehr so schreiben, aber es gibt nichts, wofür ich mich geniere“, meint Kreiml. Einige Uralt-Tracks würden sich die beiden dennoch nicht mehr anhören – insbesondere aus Wienzeile-Zeiten, als sie noch Jungspunde waren. Schlecht gealterte Zeilen gab es auch danach, etwa auf „Enfant Terrible“. „Ich hab lange bevor es eine Corona-Impfung gegeben hat gerappt: ‚I hab ka Impfung, aber drei Gramm Chemie‘. Die Line könnten mittlerweile die falschen Leute für sich interpretieren“, räumt Kreiml ein.
Kreiml & Samurai werden auch in Zukunft keine kindertaugliche Musik machen, ganz aus diesen Fängen befreien können sie sich aber nicht. Die Zeit, den musikalischen Horizont zu erweitern, floss zuletzt oft in Kinderlieder wie „Die Affen rasen durch den Wald“ oder „Lalelu“, die der Algorithmus eben reinspült. Darunter auch einige alte und vom Mindset her überholte Lieder, wie Kreiml anmerkt. „Am ärgsten finde ich ‚Meine Tante aus Marokko‘, eigentlich voll der rassistische Scheiß und mit Sachen wie ‚Dann schlachten wir ein Schwein‘. What the fuck, das soll ein Kinderlied sein?“, ergänzt Samurai. Den Musikgeschmack müssen die Kinder letztlich selbst entwickeln, mit allen guten und schlechten Seiten. Lichtblicke gibt es, zumal der Austrorap-Input erste Früchte trägt. „Meine Tochter hört am liebsten ‚Bombileben‘. Es ist ganz vorne – bestes Kinderlied! Danke Mono, auch wenn du mich jetzt hasst“, sagt Samurai grinsend. „Ich probiere immer, was beim Einschlafen funktioniert. Jetzt verwende ich oft das Album von Brown-Eyes White Boy. Generell alles, was ich selber gut zum Chillen finde. Das Kamp-Album habe ich am Anfang verwendet, weil es vom Sound her so ist – keine hardcore-90-BPM-Bretter, sondern eher dieses Ruhigere. Reggae geht auch“, meint Kreiml.
Und täglich grüßt die Untour
Mehr Richtung „Exzess und Bahö“ geht das neue Mixtape, mit dem der Schweinehund seinen Film unbeirrt weiterfährt. Von der Livetauglichkeit neuer Tracks wie „Duo Infernale“, „Fitness“, „Partytiger“ oder „Ois Ok“ konnte sich das Publikum bereits beim Abschlussgig des unter dem Motto „Dem Krieg keinen Frieden“ veranstalteten Fackelzugs der sozialistischen Jugend Wien am Wiener Rathausplatz sowie im hochkulturelleren Setting vor Sitzpublikum im Radiokulturhaus überzeugen. So befreiend das Gefühl, endlich wieder wie früher live performen zu können sein mag, scheinen sich die damit einhergehenden Automatismen erst wieder langsam einzuspielen. „Es war nicht so, dass du mit der Sicherheit rausgegangen bist, dass du weißt was du machst. Aber als wir draußen waren, hat es sich wie damals angefühlt“, sagt Samurai. „Das Spielen ist super, aber ich habe gemerkt, dass sich die Kondition für soziale Gefüge erst wieder entwickeln muss. Viele Leute, viele kurze Gespräche und so weiter. Aber ich glaube so geht es fast allen, egal ob auf der Bühne oder davor“, sagt Kreiml.
In den kommenden Monaten wird es diesbzüglich einige Trainingstermine des Duos geben. Im Sommer vemehrt an der frischen Luft, bevor im Oktober endlich der mehrmals verschobene Gasometer-Auftritt nachgeholt werden soll. Eine größere Tour durch Österreich und Deutschland ist dann für April 2023 geplant – hoffentlich ganz ohne Verschiebungen.
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